Wanderung zum Wasserfall
Am Samstag den 24.11.12 wollen eine
Freiwillige aus England, drei gleichaltrige Neuguinis aus Asaroka und
ich zu einem Wasserfall im Djungel wandern und danach im Haus von
Bigman Daniel schlafen. Am So lassen wir uns nach der Kirche wieder
im Busch abholen und nach Asaroka bzw. Goroka fahren.
Für mich beginnt das Abenteuer am
Samstag um 8:30Uhr. Erst geht es zum Supermarkt (Papindu), um Reis,
Tee, Kakau, Zucker, Salz und Thunfisch als Mitbringsel einzukaufen,
dann nach Asaroka. Dort holen wir unsere neuguinische Verstärkung
ab. Ein Junge in meinem Alter und zwei Schwestern. Alle sind total
gespannt und freuen sich, dass es am Wochenende mal etwas
abwechslungsreicher im Dorf zugeht. Wir bleiben nur kurz in Asaroka,
um die Neuguinis einzuladen, dann fahren wir in Richtung Dorf Wande.
Die Straßen links und rechts von Highway sind, wie ich schon
berichtet habe, nicht so besonders gut, diese Straße verdienst den
Name nicht. Es ist eher ein Trampelpfad aus Wurzeln und
Schlaglöchern, aber für den Landcriuser kein Problem. Wir stellen
das Auto an einer Furt ab und Springen über die Gehsteine ans andere
Ufer, dort setzten wir die Rucksäcke auf und gehen immer bergauf
nach Wande.
Wande liegt auf einer Bergnase, die ins
Gorokatal hineinragt. Die steilen Hänge links und rechts sind dicht
mit Kaffeefeldern bedeckt, oder werden für kleine
Selbstversorgergärten mühsam beackert. Die Häuser im Dorf sind wie
alle im Busch aus Kunaigras und Bambus. Also die Typischen
Kunaihütten aus Neuguinea. Das einzige Wellblechhaus ist die kleine
Kirche.
Im Dorf werden wir von Bigman Daniel
begrüßt. Er freut sich riesig und lädt uns erst mal in sein Haus
ein und stellt uns der Verwandtschaft im Dorf vor. Viele neuguinische
Gesichter werden uns Besuchern vorgestellt. Man kommt kaum selbst zum
reden, dauernd kommen neue Papas uns Mamas, die einem die Hand
schütteln wollen. Alles unheimlich freundliche Leute. Papa Daniel
möchte den Wasserfall und den Djungel für ein Turismusprojekt
nutzen. Er und seine Familie bieten dann geführte Touren zum
Wasserfall an und am ende gibt es noch ein BBQ im Dorf. Dafür
braucht er Gelder von der Regierung und er möchte den Wald zu einem
Naturschutzgebiet ausbauen. Ich habe einen Brief mit einer
Beurteilung von einer deutschen Pastorin mit, um dieses Projekt zu
unterstützen und den Wald für die Regierung als Naturschutzgebiet
zu empfehlen. Daniels Plan ist lobenswert und als Bigman mit Einfluss
sieht der Plan auch machbar aus.
Lange verweilen wollen wir aber nicht,
wir wollen noch zum Wasserfall. Daniel sagt und, dass er wegen seines
schlimmen Knies nicht mitkommt, aber er schickt einen Sohn mit und
ein paar Kinder aus Wande schließen sich mit an. Wir gehen durch die
Kaffeegärten bergauf. Immer wieder begegnen wir Leuten, die uns
fröhlich begrüßen. Typisch neuguinisch werden wieder viele Hände
geschüttelt. Wir kommen vorbei an Hütten und Häusern, an einer
runde Männer, die Bingo mit Kaffeebohnen spielen, während der
frisch geerntete Kaffee in der Sonne trocknet. Man grüßt und geht
weiter. Ab und zu kommen Ziegen, oder Schweinefamilin aus dem Gehölz
am Weg.
Diesem Dorf scheint es gutzugehen. Tiere und speziell
Schweine sind ein Indikator für Wohlstand in Neuguinea. Die Sonne
scheint warm und es weht ein leichter Wind über den Bergkamm und wir
gehen immer höher. Bald haben wir die Dorfgrenze überschritten und
kommen nur noch vereinzelt an Kaffeesträuchern vorbei. Die Natur um
uns herum wird wilder. Hier stehen Bambus und Kiefern und dazwischen
Palmen, auf denen man die schmackhaften Karukunüsse findet. Der
Fruchtballen sieht aus, wie ein eingerollter Igel. Er wird mit einer
Machete aufgeschlagen und dann kann man die Fingerdicken und -langen
Nüsse aus dem weichem Fruchtfleisch puhlen.
Man kann sie über dem Feuer grillen,
oder gleich essen. Wir nehmen uns ein paar Ballen als Picknick mit.
Der Weg ist nur noch ein Trampelpfad
und im Schatten, wo er von der Sonne nicht getrocknet wird, ist er
tief vermatscht. Man versinkt bis zum Knie im Matsch. Wir ziehen
unsere Sandalen aus und gehen barfuß. Schuhe haben hier einfach
keinen Sinn! Wo der Matsch zu tief ist liegen Steine und Äste und
wir balancieren durch den Wald, der immer mehr zum Djungel wird. Wenn
man so auf den rutschigen Ästen balanciert, fälllt natürlich mal
jemand in den Matsch. Das wird mit großem Gejohle begleitet. In
Neuguinea ist man grundschadenfroh, wenn jemandem etwas dummes
passiert, oder hinfällt wird ihm nicht aufgeholfen, sondern man
lacht ihn aus und freut sich, dass es nicht einem selbst passiert
ist.
Diese Seite der Neuguinis gefällt mir
nicht so gut, warum hilft man nicht?
Unser Trampelpfad endet an einem Fluss.
Der ist schon der Fluss, der zum Wasserfall gehört erzählen uns die
Jungs aus dem Dorf. Wir springen von Stein zu Stein über den Fluss
und stehen im Urwald. Hier kann ich keinen Weg mehr erkennen, aber
die Neuguinis wissen wo es langgeht. Eine Weile halten wir uns am
Fluss, dann klettern wir an einer steilen Klippe entlang und lassen
den Fluss beiseite und schlagen uns in den Wald. Immer bergauf
klettern wir über Baumstämme und Wurzeln. Im Urwald muss man
aufpassen woran man sich festhält. Einige Äste sehen stabil aus,
sind aber nur heruntergefallen und geben keinen Halt, andere haben
fiese Dornen, die man zuerst nicht sieht.
Rutschend und schnaufend kommen wir am
ersten kleinem Wasserfall an und machen eine kleine Picknickpause,
wären die Weißnasen Fotos machen und vor dem Wasserfall posieren.
Hier beginnt auch die Frischwasserleitung für Wande. Das Rohr kommt
direkt aus dem Kleinem natürlichem Becken, in das das Wasser
sprudelt.
Am Wasserfall entlang klettern wir
weiter durch den Wald und kommen am Fluss entlang, der hier immer
verwunschener wird. Hier kann man sich gut vorstellen, wie
Waldgeister ihr Unwesen treiben. Riesenfarne und Schlingpflanzen
stehen am „Weg“. Ich sehe nur noch grün ab und zu eine schöne,
bunte Blüte, aber unsere Führer klettern weiter voran. Und dann
erreichen wir eine riesige Felswand an der der Wasserfall hinabgeht.
Die Wand ist ca. 40 Meter hoch. Am Boden hat sich ein kleiner See
gebildet und an der Seite Stürzt der Fluss herab. Atemberaubend! Am
Seeufer machen wir unsere Mittagspause. Hier lässt sich viel
fotografieren: kleine Schmetterlinge an der nassen Felswand, die
Gischt des Wasserfalls und das Licht, das sich im Sprühnebel bricht.
Ich bekomme Lust auf eine kalte Dusche im Wasserfall. Und möchte
gerne hinaufklettern.
Erst heißt, es es sei zu gefährlich,
aber nach langem Bitten lässt mich ein Neuguini mit ihm mit nach
oben klettern. Die Neuguinis sind immer sehr besorgt, um ihre Gäste.
Auch wenn die Klettererfahrung haben und schon ganz andere Sachen
gemacht haben. Man ist besorgt. Das kann unheimlich nerven, ist aber
eigentlich nur nett gemeint.
Von Oben hat man eine tolle Sicht auf
das Tal. Ich bleibe eine Weile oben und schaue mir alles an. Die
Jungs erzählen mir, dass ich der erste Weiße hier oben bin. Ich bin
schon ein wenig stolz und mein Entdeckerherz schlägt schneller bei
dieser Nachricht. Die Jungs nennen mich Mann vom Wasserfall. Und auch
Daniel wird mich später so nennen.
Auf den Rückweg gehen wir einen
anderen Weg und kommen an einem Stück gerodetem Wald entlang. Einer
unserer älteren Jungs erzählt, das er hier ein Haus bauen will. Der
junge Mann ist vielleicht 24 und baut ein Haus mitten im Wald. Hier
oben sagt er, hat seine Familie Land. Weiter unten ist alles
verteilt. So muss er erst mal eine Grade Fläche in den Wald schlagen
und die Riesenfarne ausreißen, ob er weiß das sie unter Naturschutz
stehen?
Es geht wieder zurück über den
Wasserfallfluss und durch den Matsch, dann stehen wir wieder in den
Feldern. Von hier oben an der unnatürlichen Baumgrenze hat man einen
genialen Ausblick auf die Bergnase mit dem Dorf und dahinter das
Gorokatal.
Bei Bigman/Papa Daniel gibt es
Zuckerrohr bei unserer Ankunft. Man reißt mit den Zähnen die
bambusähnliche, harte Außenhaut ab und kann dann das weichere
innere Holz essen. Es schmeckt Süß, natürlich nach Zucker. Und in
einem Land, in den Kakao zwar angebaut wird, aber keine Schokolade
hergestellt wird, ist es eine gute Alternative, um mal zu „naschen“.
Ganz natürlich!
Wie erzählen von unserem Tripp und
Papa Daniel erzählt weiter von seinem Tourismusprojekt.
Es wird Abend und die Mamas beginnen zu
kochen. In PNG nennt man auf dem Dorf alle älteren, wertgeschätzten
Frauen und Männer, Mama und Papa und diese Familie ist mir ans Herz
gewachsen.
Es gibt für jeden etwas ein Kilo
gekochten Reis, Kartoffelpommes und Karottenpommes mit
Frühlingszwiebel- Thunfischsoße. Schmeckt lecker, ist aber für
untrainierte Mägen einfach zu viel. Wir Weißnasen schauen uns um,
überall werden Teller wieder zurückgegeben, nur wir beiden kauen
noch an der einen Hälfte unseres Tellers. Wir haben beide eine volle
Portion gegessen, aber der Teller sieht so unberührt aus. Gott sei
Dank, kann man Essen zurückgeben ohne schief angesehen zu werden.
Jemand anderes wird es sich morgen aufwärmen und essen. Hier kommt
an essbarem nichts weg. Sehr sympatisch!
Dass die Neuguinis so viel essen liegt
daran, dass sie einmal morgens und einmal abends essen und zwischen
durch nichts. Nach dem Essen ist es dunkel. Die Sonne fällt in den
Tropen immer noch mit einer ungewohnten Geschwindigkeit hinter die
Berge, innerhalb von einer halben Stunde ist es von taghell,
stockdunkel geworden.
Es wird sehr süßer Tee über dem Feuer
gekocht. Ich habe Nesquickkakau mitgebracht und der wird gleich mit
im Schwarztee verarbeitet. Süß ist in PNG super-süß, meint aber
auch lecker, wenn man im Pidgen „sweet“ sagt. Vielleicht eine
sprachliche Erklärung, warum alle Neuguinis sich Zucker fast roh und
löffelweise und den Mund schütten.
Der Papa erzählt noch eine Geschichte
von den ersten Missionaren in den Highlands und wie die Neuguinis
damals Bäume gefällt haben, 1930 mit Steinbeil, dann gehen wir
schlafen. Es ist grade mal 21 Uhr, aber durch den harten Tag und weil
es kein Licht mehr gibt, außer dem Feuer, ist man müde.
Am nächsten Morgen stelle ich mich
erst mal an den Rand des Dorfes und schaue mir den grandiosen
Sonnenaufgang an. Man steht mit der Sonne auf. Ich genieße die kühle
Luft und schaue auf die Wolken im Tal. Das sind Augenblicke, die man
bewahren muss.
Zum Frühstück gibt es gebratene
Kaukau (Süßkartoffel) und sehr süßen Kakau-Tee. Nach dem
Frühstück gehen wir und am Fluss in Tal uns waschen. Der Weg zum
Fluss führt steilst bergab durch die Kaffeefarm von Daniels Familie,
Aber es lohnt sich. Der Fluss ist der gleiche, wie der des
Wasserfalls. Das Wasser ist kristallklar und eiskalt. Er liegt in
einer engen Klamm umgeben vom Urwald und den Kaffeefeldern.
Nach dem
Waschen gehen/wandern wir zur Kirche. Die Kirche liegt auf der
anderen Seite des Tals, dass ich immer bewundert habe. Der Weg führt
erst steil bergab, dann über eine Furt eines anderen Flusses und an
der anderen Seite des Tals wieder durch Kaffeefelder steilst bergauf.
Es ist heiß und das Wandern mit Rucksack echt anstrengend. Als wir
bei der Kirche ankommen müssen wir mal nicht warten, der
Gottesdienst beginnt fast sofort. Etwas Besonderes und er dauert auch
nicht sooo lange, sondern nur normale 45 Minuten.
Nach den kurzem Gottesdienst schaue ich
noch der Sonntagsschule zu, die ein paar Tänze für die große
Versammlung am Montag üben. Dann werden wir abgeholt. Papa Daniel
schenk uns Weißen je ein Bilum (Pdg.: Umhängetasche), weil er sich
so gefreut hat, dass es uns so gefallen hat. Auf dem Rückweg helfen
wir einem LKW-Fahrer und ziehen seinen LKW aus dem Dreck. Und dann
geht es schnell nach Hause und auf feste Straßen, denn ein Gewitter
kommt und da will man nicht auf den steilen Nichtstraßen des Busches
Steckenbleiben.
Ein sehr gelungenes, abenteuerreiches
Wochenende!